Anordnung der Dinge

­– Die Ausstellung zu Langenthal, dem Oberaargau und der Welt

Eine Ausstellung ist immer auch ein Kunstgriff: Durch den purpurnen Schrank betreten wir, wie durch eine magische Tür, eine Art „Erinnerungsraum“. Hier im Dachgeschoss herrscht eine andere Zeit. Sie steht jedoch nicht still, im Gegenteil.
Wer aufmerksam beobachtet, lauscht und liest, bewegt sich in vergangenen Epochen und zukünftigen Welten. Die kleinen und grossen, alltäglichen und skurrilen Kostbarkeiten erzählen alle ihre Geschichten: Wundersames und Spannendes aus Langenthal und dem Oberaargau.

Die Ausstellung wurde am 7. Dezember 2011 feierlich eröffnet.

 

 

Die Kraft der Erinnerung

„Kultur, Erinnerung und Identität sind aufeinander angewiesen: Dinge und Geschichten sind die Wächter über Erinnern und Vergessen“, frei nach Aleida Assmann.

Die Ausstellungskonzepte von Z‑à‑dire basieren jeweils auf vier Hauptpfeilern: dem Thema, das vertieft werden soll, dem Raum, der bespielt werden soll, den Objekten, die ausgestellt werden und der so genannten „Rahmengeschichte“. Die Rahmengeschichte entspricht einem übergeordneten Motiv, das alles durchdringt und verbindet. Sie bildet die Brücke zwischen Form und Inhalt, schafft den Gegenwartsbezug und somit eine Beziehung zum Betrachter. Sie ermöglicht es ihm, die verwendeten Symbole und Metaphern zu deuten. Manche Objekte sind zwar Zeugen der Vergangenheit, veranlassen uns aber möglicherweise dazu, uns mit der Gegenwart auseinanderzusetzen. Der Raum und die Anordnung der Objekte wurden nach intuitiven und ästhetischen Kriterien gestaltet. Der Besucher ist in Bewegung, sucht Zusammenhänge und schafft eigene Bezüge. Dabei kommt den Leerstellen eine ebenso grosse Bedeutung zu wie den Dingen selbst. Diese werden, vergleichbar mit unserem Gedächtnis, von unserem Wissen oder unserer Fantasie gefüllt.

 

Jedes Objekt erzählt eine Geschichte

Es gehört zu den Eigenheiten von Ausstellungen, dass sie Sachverhalte deuten und interpretieren, die nicht anwesend sind, sondern durch Objekte vertreten werden. So zeugen etwa Ammoniten aus den Jurafelsen von ehemaligen Meeren, die das ganze Mittelland bedeckten. Und altes, bunt bemaltes Porzellan von der Blütezeit der Porzellanfabrik Langenthal. Der Besucher trifft hier auf die unterschiedlichsten Objekte, die alle Geschichten erzählen. Bei manchen verweilt er länger, andere vergisst er wieder, oder er stösst beim Herumschlendern plötzlich auf etwas Unerwartetes.

Symbole und Metaphern

Dank des durchdachten Konzepts und der eigenwilligen Gestaltung greifen in dieser Ausstellung gleich mehrere Lektüre-Ebenen ineinander. Die erste Ebene ist die rein ästhetische, also das, was der Betrachter als Erstes sieht. Die zweite Ebene umfasst Sinnbilder, Gegenüberstellungen und Brüche. Darauf basiert auch die Ausstellungsarchitektur aus purpurnen Schubladen: Die Gegenstände befinden sich zwar in Schubladen, die aber alle offen sind. – Die Geschichte wird sozusagen schubladisiert, ist jedoch trotzdem allen zugänglich. Es gibt weitere solche Symbole: zum Beispiel das grosse, alte Zifferblatt der „Choufhüsiuhr“, dem die Zeiger fehlen. Es hat seine ursprüngliche Funktion verloren, dafür kommt ihm heute eine tiefere Symbolik zu. – Gehen wir heute anders mit der Zeit um als früher? Ist die Dauerausstellung zeitlos oder herrscht hier eine andere Zeit? Vielleicht werden sich die Besucher auch bewusst, dass sie sich dank den Objekten in verschiedenen Epochen bewegen können. Eine weitere Lektüre-Ebene sind die farbigen Führungsblätter. Sie begleiten die Besucher durch die Ausstellung und erzählen elf verschiedene Geschichten: zum Beispiel vom Erinnern, vom Wasser oder vom Dorf. So kann sich jeder das Herauspicken, was ihm am besten gefällt oder was ihn am meisten interessiert.

Anordnung der Objekte

„Wir sind es gewohnt, Dinge zu gliedern. Doch was passiert, wenn sich diese Strukturen auflösen? Wenn die Anordnung der Dinge plötzlich anderen Gesetzen folgt?“, lautet ein Zitat der Ausstellung. Da unsere Erinnerungen nicht immer chronologisch sind, wurden die Objekte von Z‑à‑dire und Beat Gugger, dem Kurator des Museums, bewusst nicht in einer bestimmten Reihenfolge ausgestellt. Das aktuelle Konzept ähnelt eher demjenigen von Kunst- und Wunderkammern, denen eine intuitive Anordnung der Dinge zugrunde lag. Dabei wurden die Objekte vor allem nach ästhetischen Gesichtspunkten und Mustern ausgestellt, also nach einer subjektiven Struktur statt systematisch.

Wie es dazu kam

Die Grundidee für die neue Dauerausstellung bestand laut Beat Gugger darin, möglichst viele Exponate zu zeigen, und zwar in einer veränderbaren Form. Ausserdem sollte das Museum neben der lokalen Bevölkerung und alteingesessenen Langenthalern, die ihre Erinnerungen auffrischen wollen, auch junge Leute in das ehemalige Amtshaus locken. Diese Aufgabe sei hervorragend gelöst worden, fanden Kurator Beat Gugger und die Präsidentin des Museums-Stiftungsrates, Jana Fehrensen.

Z‑à‑dire wurde bei diesem Projekt, neben Beat Gugger, von der Szenografin Melanie Mock tatkräftig unterstützt.

 

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